Hermine, Baujahr 1956, bei Fly&Drive am Flugplatz MG im Juli 2022, erzählt uns hier ihre Geschichte.
Guten Tag, mein Name ist Hermine.
Im Februar 1956 (KFZ Brief, Wolfsburg, den 8.2.1956) bin ich vom Fertigungsband des Volkswagenwerkes in Wolfsburg gekrabbelt. Man hat mich sehr schnell zu einem VW-Händler nach Lingen-Ems ausgeliefert, wo sich Herr Alfons Lietmeyer, ein Lichtspieltheaterbesitzer (Kinobesitzer), auf mich freute und mich abholte.
Er ist immer sorgsam mit mir umgegangen und ich habe regelmäßig Wartung bekommen. Er ist aber nicht viel mit mir unterwegs gewesen. Vor dem Winter wurde mein Unterboden immer eingeölt. Er war ein starker Raucher, leider musste er immer viel Rauchen wenn wir unterwegs waren. So haben mein Dachhimmel, meine Polster und der ganze Innenraum eine heftige Raucherpatina und das eine oder andere Brandloch bekommen. Als mein Make Up außen nicht mehr so schön war, wurde ich mit der Originalfarbe einmal geduscht. Na ja, nicht schön aber selten.
Trotzdem haben wir bis 1983, ganze 27 Jahre eine schöne Zeit gehabt, ja ja, Rauchen ist ungesund, dann war es auf einmal vorbei. Dann hat mich sein Sohn (Günther Lietmeyer) übernommen, mit dem ich nur ab und zu mal für kurze Strecken unterwegs war. Er hat mich 1987 mit 101.000 km abgemeldet und ich kam in eine dunkle Garage. Ein paar Jahre später hat mich ein Sammler, ein Graf, gekauft, und ich wurde in eine andere dunkle Garage gebracht. Ich denke, er hatte vor mit mir zu fahren, aber als er es nach ein paar Jahren versuchte kam er nicht mehr hinter mein Lenkrad. Gut, das schonte meine Federn.
Erst im Jahr 2013 habe ich nach 30 Jahren dunkle Garagen das Tageslicht wieder gesehen, als mich der Graf an den heutigen Besitzer verkaufte. Der brachten mich in eine schöne helle Halle und hat mich erst mal gewaschen. Da waren immer viele nette Leute die sich um mich kümmerten. Die sind alle Nichtraucher und haben sich vor meinen verrauchten Klamotten mit Brandlöchern und Rostflecken geekelt.
Dann haben sie mich weiter untersucht und festgestellt, dass ich eine Menge Rostansätze habe, aber nur wenig Durchrostungen. Meine Karosserieteile sind alle noch original und mein Motor auch. Das Faltdach war morsch. So wurde zunächst nach einer Trockeneisbehandlung, brrr, das war kalt, alles Löchrige an mir geschweißt. Das war an den Kotflügeln eine ganze Menge Arbeit, so dass hier das alte Make Up drauf ging. Nach der Entscheidung, mir richtig an die Wäsche zu gehen und mich komplett im Innenraum neu einzukleiden, wurde schnell noch entschieden, mir ein komplettes originales Make Up, innen, außen, oben und unten von einem Profi auftragen zu lassen.
Als ich aus der Lackiererei kam dauerte es noch eine ganze Zeit, in der die netten Leute mich wieder zusammensetzten. Als ich mich dann zum ersten mal seit Jahrzehnten wieder im Spiegel sah, war ich völlig sprachlos. Ich sah aus wie im Februar 1956, als ich vom Fertigungs-band des Volkswagenwerkes krabbelte, und das mit über 60 Jahren.